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Diese Entscheidung

Grundstücksverkauf durch Gemeinde: Zivilrechtliche Bindung des Erwerbers an noch nicht verbindlichen Bebauungsplan

BGH, Urteil vom 07.02.1985 - Az.: III ZR 179/83

Leitsätze:
Eine Gemeinde kann bei der Veräußerung eines ihr gehörigen Grundstücks dem Erwerber durch zivilrechtliche Vereinbarung die Verpflichtung auferlegen, sich bei der Errichtung eines Bauvorhabens an die Festsetzungen eines inhaltlich zulässigen, aber noch nicht bestandskräftigen Bebauungsplans zu halten. (amtlicher Leitsatz)

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Volltext

Tatbestand

Die Beklagten erwarben auf Grund notariellen Vertrages vom 1. August 1979 von der ...-GmbH ein Grundstück. Dieses stand damals noch im Eigentum der klagenden Gemeinde. Inzwischen sind die Auflassung an die Beklagten und deren Eintragung im Grundbuch erfolgt.

Die Klägerin hat den notariellen Vertrag mit abgeschlossen. In Abschnitt VIII Nr. 9 "Besondere Verpflichtungen" heißt es u. a.:

"a) Dem Erwerber ist bekannt, daß sowohl für die Bebauung des Grundstücks als auch für die Gestaltung der Außenanlagen die Vorschriften des rechtskräftigen Bebauungsplanes Nr. 435 der Gemeinde und der von der Gemeinde erstellten Baufibel gelten, die zu Urkunde des Notars Dr. ... in ... vom 24. Juli 1979 beurkundet ist. Bebauungsplan und Baufibel sind dem Erwerber bekannt. Es wird hierauf Bezug genommen. Die Baufibel wurde zum Gegenstand der Verhandlung gemacht.

Der Erwerber ist zur Einhaltung der Vorschriften von Bebauungsplan und Baufibel verpflichtet (von der weiteren Darstellung wird abgesehen)

f) Die vorstehenden Verpflichtungen werden vom Erwerber (Beklagte) auch gegenüber der Gemeinde (Klägerin) eingegangen.

(von der weiteren Darstellung wird abgesehen)"

Die notarielle Urkunde enthält auf Seite 25 den Vermerk:

"Allerorts der Urkunde wird berichtigt, daß der Bebauungsplan nach Angabe derzeit noch nicht rechtskräftig ist."

Die in Bezug genommene Urkunde des Notars Dr. ... vom 24. Juli 1979 lautet:

"I.

Die Gemeinde erstellt (von der weiteren Darstellung wird abgesehen) den Bebauungsplan Nr. 435 (von der weiteren Darstellung wird abgesehen)

II.

Die bauliche Gestaltung der Einzelbauvorhaben in diesem Gebiet soll zur Erreichung einer einheitlichen städtebaulichen Gestaltung nach dem Willen der Gemeinde entsprechend dem Arbeitsbericht 'Auszug aus der Bebauungstypologie BBP 435' (von der weiteren Darstellung wird abgesehen) (Baufibel) (von der weiteren Darstellung wird abgesehen) erfolgen.

Der einzelne Bewerber hat sich bei der Planung und Durchführung seines Bauvorhabens an die in der Baufibel niedergelegten Texte-, Zeichnungen, Abbildungen und planerischen Darstellungen zu halten.

Ablichtungen der genannten Blätter der Baufibel sind dieser Urkunde als Anlage beigefügt; auf sie wird Bezug genommen. (von der weiteren Darstellung wird abgesehen)"

Der Bebauungsplan Nr. 435 war zunächst in der Fassung vom 13. Juli 1978 am 6. Oktober 1978 genehmigt worden. Die Klägerin hat den entsprechenden Satzungsbeschluß jedoch am 30. Oktober 1978 wieder aufgehoben und für den Planbereich am 19. Dezember 1978 erneut einen Bebauungsplan beschlossen. Dieser sieht in der Fassung des Entwurfes vom 22. Mai 1979 - in anderen Punkten später ergänzt durch Beschluß vom 26. Juli 1979 - für das Grundstück des Beklagten eine Geschoßflächenzahl von höchstens 0,55 und eine Dachneigung von höchstens 27 Grad vor. Der Plan wurde vom zuständigen Landratsamt am 16. Januar 1980 unter Auflagen genehmigt.

Schon vor Abschluß des Kaufvertrages war den Beklagten am 5. Juli 1979 durch das Landratsamt als Bauaufsichtsbehörde die Errichtung eines Wohnhauses auf dem fraglichen Grundstück genehmigt worden. Der Beklagte zu 1 hatte vorher gemäß § 33 BBauG erklärt, daß er die künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans für das Grundstück für sich und seine Rechtsnachfolger anerkenne. In einer dem Bauantrag beigefügten Berechnung hatten die Beklagten die Geschoßflächenzahl (GFZ) des Vorhabens mit 0,56 und die Dachneigung mit 25 Grad angegeben. Nach dem Vorbringen der Beklagten ergab sich aus den dem Antrag beigefügten Bauzeichnungen unter Berücksichtigung der Maße und Flächeninhalte bei richtiger Berechnung eine GFZ von 0,627. Durch den Baugenehmigungsbescheid vom 5. Juli 1979 wurde die Genehmigung des Bauvorhabens der Beklagten "nach Maßgabe der beiliegenden, (von der weiteren Darstellung wird abgesehen) geprüften und revidierten Bauvorlagen (von der weiteren Darstellung wird abgesehen)" erteilt. Die GFZ des tatsächlich ausgeführten Vorhabens beträgt 0,581, die Dachneigung 28,4 Grad.

Der Beklagte zu 1 war seinerzeit als Architekt und Bauingenieur bei dem Landratsamt, das die Baugenehmigung erteilt hat, tätig. Sein Aufgabenbereich umfaßte die Planung und Bauüberwachung von Schulen. Heute ist er als Planer bei einer Gemeinde angestellt.

Das Landratsamt hat wegen Abweichung des Vorhabens von der Baugenehmigung gegen die Beklagten ein Bußgeld verhängt. Es hat jedoch davon abgesehen, von den Beklagten die Anpassung ihres Vorhabens an die Baugenehmigung zu verlangen, weil es die erforderlichen baulichen Maßnahmen als kostspielig und damit unverhältnismäßig ansah.

Die Klägerin begehrt auf Grund des Vertrages vom 1. August 1979 von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Änderung ihres Hauses dahin, daß es eine GFZ von höchstens 0,5665 und eine Dachneigung von höchstens 27 Grad aufweist. Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben.

Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Gründe

I.

1. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ist privatrechtlicher Natur. Er gründet sich auf den notariellen Vertrag vom 1. August 1979, an dessen Abschluß die Klägerin als Vertragspartnerin mitbeteiligt war und aus dem sie unmittelbar Ansprüche gegen die Beklagten nach Abschnitt VIII Nr. 9 a) und f) erworben hat. Diese Klauseln stehen in engem Zusammenhang mit dem Hauptgegenstand dieses Vertrages, nämlich dem zwischen den Beklagten und der ...-GmbH abgeschlossenen Grundstückskauf, und nehmen an dessen Rechtsnatur teil. Durch die genannten Klauseln ist den Beklagten als Käufern im Rahmen des privatrechtlichen Erwerbsvorgangs von der Klägerin als damaliger Grundstückseigentümerin die Verpflichtung auferlegt worden, bei der vorgesehenen Bebauung die Festsetzungen des noch nicht bestandskräftigen Bebauungsplans Nr. 435 einzuhalten.

2. Die Klägerin hat allerdings mit den Abmachungen, die sie mit den Beklagten auf der Ebene des Privatrechts im rechtlichen Gleichordnungsverhältnis getroffen hat, öffentliche Zwecke verfolgt. Sie wollte mit privatrechtlichen Mitteln sicherstellen, daß die Beklagten bei der Bebauung des von ihr über die ...-GmbH zu erwerbenden Grundstücks die Ergebnisse ihrer - allerdings noch nicht bestandskräftigen - öffentlich-rechtlichen Bauleitplanung beachteten. Ein derartiges Vorgehen ist der Klägerin rechtlich nicht verwehrt.

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß eine Gemeinde städtebauliche Zwecke sowie Ziele der Bauleitplanung auch mit den Mitteln des Privatrechts wahrnehmen darf, wenn sie ihr zur Befriedigung eines rechtmäßigen öffentlichen Interesses am besten geeignet erscheinen und keine öffentlich-rechtlichen Normen und Rechtsgrundsätze entgegenstehen (BGH Urteil vom 12. Dezember 1980 - V ZR 43/79 = NJW 1981, 916; vom 24. Juni 1983 - V ZR 167/83 = NJW 1984, 924 und vom 6. Juli 1984 - V ZR 62/83 = WM 1984, 1152; vgl. ferner Senatsurteil BGHZ 91, 84, 96 ff. [BGH 05.05.1984 - III ZR 12/83], jew. m. w. Nachw.). Für die Klägerin bestand ein anerkennenswertes Bedürfnis sicherzustellen, daß Bauprojekte, die vor dem Eintritt der Bestandskraft des Bebauungsplans begonnen wurden, von dessen Festsetzungen nicht abwichen (vgl. auch das in § 33 Satz 1 BBauG geregelte öffentlich-rechtliche Anerkenntnis der künftigen Festsetzungen). Zur Erreichung dieses legitimen Zieles durfte sie sich auch der Möglichkeiten bedienen, die sich ihr als Eigentümerin des zu veräußernden Grundstücks boten. Es liegt auch keine öffentlich-rechtliche Regelung vor, die es der Klägerin verbietet, einen Grundstückserwerber mit den Mitteln des Privatrechts an einen inhaltlich zulässigen, wenn auch noch nicht bestandskräftigen Bebauungsplan zu binden. Entgegen der Ansicht der Revision war die Klägerin nicht darauf angewiesen, sich zur Sicherung der Bauleitplanung nur des öffentlich-rechtlichen Instrumentariums des § 14 BBauG (Veränderungssperre) oder des § 15 BBauG (Zurückstellung von Baugesuchen) zu bedienen. Derartige Maßnahmen wären weitreichender gewesen und hätten die Beklagten erheblich stärker beschwert als das hier gewählte Mittel einer privatrechtlichen Bindung an den noch nicht bestandskräftigen Bebauungsplan.

Gegen die Klägerin kann auch nicht der Vorwurf des Formenmißbrauchs erhoben werden. Sie hat ihren städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsauftrag nach § 1 Abs. 3 BBauG nicht etwa allein mit den Mitteln des Privatrechts zu erfüllen versucht (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BBauG § 1 Rn. 19, 20; Battis/Krautzberger/Löhr, BBauG, 1984, § 1 Rn. 18). Vielmehr hat sie lediglich eine (nach dem damaligen Stand der Bauleitplanung) "plankonforme" zivilrechtliche Vereinbarung getroffen. Sie hat sich dadurch keinen öffentlich-rechtlichen Bindungen (dazu unten) durch Ausweichen auf privatrechtliche Gestaltungsformen entzogen. Die den Beklagten auferlegten Vertragspflichten halten sich im Rahmen einer rechtlich zulässigen Planung (vgl. Urteil vom 12. Dezember 1980 aaO).

Die umstrittenen Vertragsklauseln sind nach alledem nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) nichtig.

II.

Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die in dem Bebauungsplan in seiner Fassung vom 22. Mai 1979 enthaltenen planerischen Festlegungen über Dachneigung und GFZ Gegenstand der vertraglichen Verpflichtung der Beklagten geworden sind.

Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

1. Das Berufungsgericht nimmt an, daß die Beklagten nach dem objektiven Vertragswortlaut an die Fassung des Bebauungsplans gebunden sind, die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von der Gemeinde beschlossen war, und nicht an eine frühere, teilweise bereits überholte Fassung. Diese Auslegung der Individualerklärung ist möglich. Sie entspricht auch Sinn und Zweck der zwischen den Parteien getroffenen Abmachung. Der Klägerin ging es darum, die Beklagten zur Einhaltung eines zwar schon beschlossenen, aber noch nicht bestandskräftigen Bebauungsplans zu verpflichten. Das war auch für die Beklagten erkennbar. In dem notariellen Vertrag vom 1. August 1979 wurde darauf hingewiesen, daß der Bebauungsplan noch nicht bestandskräftig ("rechtskräftig") sei. Der Beklagte zu 1, der auf Grund seines Berufs im Bauplanungsrecht hinreichend erfahren ist, hatte, worauf das Berufungsgericht hinweist, zudem kurze Zeit vor Vertragsabschluß nach § 33 BBauG "die künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans" anerkannt.

Es kann, wie das Berufungsgericht in seiner Hilfsbegründung ausführt, dahingestellt bleiben, ob den Beklagten beim Abschluß des notariellen Vertrages die Fassung des Bebauungsplans vom 22. Mai 1979 bereits bekannt war. Der Vertrag bezieht sich nach seinem objektiven Gehalt auf diese Fassung, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts von den Beklagten jederzeit eingesehen werden konnte und auch bei der Beurkundung vorlag. Ob die Beklagten bei dem Abschluß des Vertrages insoweit einem Irrtum unterlegen sind, hat das Berufungsgericht mit Recht offengelassen, da sie sich nicht auf ein rechtzeitig ausgeübtes Anfechtungsrecht berufen haben.

2. Wenn die Fassung der Baufibel, die in der umstrittenen Vertragsbestimmung durch Verweisung auf eine andere notarielle Urkunde in Bezug genommen wird, für das Vorhaben der Beklagten keine bestimmte Dachneigung vorschrieb, so können diese daraus nichts herleiten. Es greifen in jedem Falle die strengeren Regelungen des Bebauungsplans in der Fassung vom 22. Mai 1979 ein, der eine Dachneigung von höchstens 27 Grad festlegt.

III.

Rechtsbedenkenfrei geht das Berufungsgericht davon aus, daß die den Beklagten am 5. Juli 1979 erteilte Baugenehmigung, die bei Vertragsabschluß schon vorlag, die Vertragspflichten aus der umstrittenen Klausel (VIII 9 a) nicht beeinflußt hat.

1. Die Baugenehmigung vom 5. Juli 1979 wurde unbeschadet der Rechte Dritter erteilt (Art. 91 Abs. 7 - heute Art. 74 Abs. 6 - BayBauO). Sie besagte nur, daß das Bauvorhaben der Beklagten mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar war. Dagegen ließ sie die privaten Rechte der Klägerin aus dem notariellen Vertrag unberührt (vgl. auch Friauf in: von Münch, Bes. VerwR 7. Aufl. III 3 e S. 510 f.; Finkelnburg/Ortloff, Öffentl. Baurecht, 1981, § 41 II 3 a, S. 255 f.).

2. Die nach der Baugenehmigung erlaubte Dachneigung (25 Grad) hält sich im Rahmen der Festlegungen des Bebauungsplans (höchstens 27 Grad). Die Vorinstanzen haben die Beklagten auch nur dazu verurteilt, die Dachneigung auf höchstens 27 Grad zurückzuführen.

3. Das Berufungsgericht unterstellt, daß den Beklagten durch den Baugenehmigungsbescheid nicht die in ihrer Berechnung angegebene GFZ von 0,56, sondern die sich aus den Bauzeichnungen ergebende GFZ von 0,627 erlaubt wurde. Auch wenn man diesen - den Beklagten günstigen - Standpunkt einnimmt, ist die Klägerin nicht gehindert, von den Beklagten die Einhaltung der abweichenden Vertragsklausel Nr. VIII 9 a zu verlangen.

a) Den Beklagten ist es nämlich schon nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich darauf zu berufen, daß in dem bestandskräftigen Baugenehmigungsbescheid, der auch im Falle einer Nichtigerklärung des Bebauungsplans wirksam bleiben würde (Senatsurteil BGHZ 86, 356, 359 m. w. Nachw.), für ihr Vorhaben eine höhere GFZ erlaubt wird als im Bebauungsplan. Die Beklagten müssen sich den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten lassen, wenn sie, was ihre privatrechtlichen Verpflichtungen gegenüber der Klägerin in bezug auf die einzuhaltende GFZ anbelangt, auf die ihnen günstige Baugenehmigung abstellen wollen. Wenn man mit dem Berufungsgericht davon ausgeht, daß den Beklagten durch die Baugenehmigung (objektiv) eine GFZ von 0,627 gestattet wurde, so beruht das darauf, daß die Beklagten bei der Klägerin und dem Landratsamt einen Irrtum über die GFZ des von ihnen geplanten Bauprojekts erregt haben. Die Beklagten haben mit den Bauvorlagen (Art. 86 Abs. 2 Satz 1 - heute Art. 69 Abs. 2 Satz 1 - BayBauO) auch eine Berechnung der GFZ gemäß § 2 Abs. 5 Nr. 2 der bay. Bauvorlagenverordnung - BauVorlV - vom 1. August 1962 (GVBl S. 204, ber. S. 250) vorgelegt. Darin war eine GFZ von 0,56 angegeben. Es kann mit dem Berufungsgericht unterstellt werden, daß aus den Bauzeichnungen (§ 3 BauVorlV) eine GFZ von 0,627 hervorging, wenn man auf Grund der dortigen Maßangaben eine selbständige Berechnung der GFZ vornahm. Eine solche Neuberechnung ist jedoch für die Baugenehmigungsbehörde nicht vorgeschrieben. Zudem sind die Bauzeichnungen nicht oder zumindest nicht in erster Linie dazu bestimmt, über die GFZ des Vorhabens Aufschluß zu geben, auch wenn man mit ihrer Hilfe die gesondert vorzulegende Berechnung der GFZ nachprüfen kann. Zwar haben die Klägerin, bei der der Bauantrag einzureichen war (Art. 86 Abs. 1 BayBauO, heute Art. 69 Abs. 1), und das Landratsamt die Berechnung der GFZ nicht sorgfältig genug kontrolliert, was auch darauf zurückzuführen sein mag, daß man dem Beklagten zu 1 auf Grund seiner beruflichen Stellung besonderes Vertrauen entgegenbrachte. Dennoch trifft doch die Beklagten die Hauptverantwortung für die Fehlberechnung der GFZ, die dann den Erlaß der Baugenehmigung nach Maßgabe (auch) der eingereichten Bauzeichnungen zur Folge hatte. Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte zu 1 "bei der zeichnerischen Festlegung der Räume des Hauses bewußt oder leichtfertig die Einhaltung der GFZ unbeachtet gelassen". Die Beklagten können nach Treu und Glauben aus dem auf diese Weise erwirkten und bei Vertragsabschluß schon erteilten Baugenehmigungsbescheid für ihre privatrechtlichen Beziehungen zu der Klägerin nicht herleiten, daß seine Aussagen über die GFZ gegenüber den einschlägigen Festsetzungen des Bebauungsplans den Vorrang genießen. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß das Vorhaben der Beklagten öffentlich-rechtlich Bestandsschutz genießt. Die Beklagten waren nicht gehindert, sich zivilrechtlich auch zur Veränderung eines nach öffentlichem Baurecht materiell legalen Baus zu verpflichten.

b) Das gilt um so mehr, als hier in öffentlich-rechtlicher Hinsicht der Rechtsgedanke des § 48 Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG (vgl. auch Art. 96 Abs. 1 Nr. 2 BayBauO 1962) eingreift. Danach kann sich der durch einen rechtwidrigen Verwaltungsakt Begünstigte nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren. Im Streitfall waren die Angaben der Beklagten über die GFZ in der Berechnung nach § 2 Abs. 5 Nr. 2 BauVorlV unrichtig, was jedoch nicht offenkundig war, sondern nur auf Grund einer eingehenden Überprüfung oder Neuberechnung festzustellen war. Im Blick auf § 33 Satz 1 BBauG ist davon auszugehen, daß das Landratsamt bei zutreffender Angabe der GFZ die Baugenehmigung nur mit einer GFZ von höchstens 0,56 erteilt hätte (vgl. dazu Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG 2. Aufl. § 48 Rn. 33; Kopp, VwVfG 3. Aufl. § 48 Rn. 68; vgl. ferner Mang/Simon, BayBauO 7. Aufl. Art. 96 Rn. 16). In diesem Zusammenhang kommt es nicht einmal auf ein Verschulden der Beklagten an (Stelkens//Bonk/Leonhardt aaO; Kopp aaO § 48 Rn. 69; Mang/Simon aaO).

Nach alledem ist die Klägerin, auch wenn sie hier ausschließlich öffentliche Zwecke verfolgt, nicht gehalten, der bestandskräftigen Genehmigung einen bindenden Einfluß auf das Zivilrechtsverhältnis der Parteien einzuräumen. Der sich ergebende (öffentlich-rechtliche) Bestandsschutz (Senatsurteil BGHZ 92, 34) kann allerdings bei den noch anzustellenden Erwägungen (unten IV) zu beachten sein.

IV.

1. Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß die Beklagten im Falle eines Verstoßes gegen die Vertragsklausel (VIII 9 a) grundsätzlich verpflichtet sind, ihr Wohnhaus den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 435 durch bauliche Veränderungen anzupassen.

Als Schranke der Rechtsausübung für die Klägerin zieht das Berufungsgericht allerdings nur treuwidriges Verhalten (§ 242 BGB) in Betracht. Das ist jedoch ein zu enger Maßstab. Wenn die Verwaltung - wie hier - in den Formen des Privatrechts Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, werden die Normen des Privatrechts durch Bestimmungen des öffentlichen Rechts ergänzt, überlagert und modifiziert. Im Bereich dieses Verwaltungsprivatrechts hat die Verwaltung nicht nur die Grundrechte, darunter auch den Gleichheitssatz, zu beachten (vgl. BGHZ 65, 284, 287 m. w. Nachw.), sondern ist weitergehenden Bindungen unterworfen (Senatsurteil BGHZ 91, 84, 96 ff.) [BGH 05.05.1984 - III ZR 12/83]. Sie muß u. a. auch das Übermaßverbot einhalten (Wolff/Bachof, VerwR Bd. I 9. Aufl. § 23 II b 1 S. 109; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 223 m. w. Nachw.). Bei den Erwägungen, die hierzu anzustellen sind, können unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Falles auch die persönlichen Verhältnisse der Betroffenen Bedeutung erlangen (vgl. zu diesem Grundsatz VGH Mannheim BRS 38 Nr. 200).

Im Streitfall kommt hinzu, daß die Klägerin mit ihrem auf eine privatrechtliche Vereinbarung gestützten Begehren ausschließlich öffentliche Zwecke verfolgt. Es ist deshalb im Blick auf die genannten öffentlich-rechtlichen Bindungen sachgerecht, ihren Anspruch davon abhängig zu machen, daß ein öffentliches Interesse an den von ihr verlangten baulichen Anpassungsmaßnahmen besteht. Ein solches öffentliches Interesse ist auch für ein bauordnungsrechtliches Einschreiten gegen rechtswidrige Bauten erforderlich (VGH Mannheim BRS 28 Nr. 162 und Nr. 163; Friauf in: von Münch aaO III 3 d S. 510; Wolff/Bachof, VerwR Bd. III 4. Aufl. § 136 Rn. 59).

2. Unter diesen Gesichtspunkten hat das Berufungsgericht den Sachverhalt noch nicht näher geprüft. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, ob ein öffentliches Interesse daran besteht, daß das Wohnhaus unter Aufwendung erheblicher Kosten, die die Klägerin auf ca. 112 000 DM beziffert hat und die nach Behauptung der Beklagten mehr als 300 000 DM betragen sollen, verändert wird. Das Berufungsgericht hat auch nicht hinreichend beachtet, daß das in erster Linie zur Wahrung der öffentlichen Interessen berufene Landratsamt als Bauaufsichtsbehörde eine nachträgliche Anpassung des Wohnhauses der Beklagten an die erteilte Baugenehmigung als eine unverhältnismäßige Maßnahme angesehen und deshalb von einem bauordnungsrechtlichen Vorgehen Abstand genommen hat. Es läßt sich nicht ausschließen, daß das Berufungsgericht das Klagebegehren anders beurteilt hätte, wenn es bei der gebotenen Interessenabwägung den richtigen Maßstab angelegt und die angeführten Gesichtspunkte in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen hätte.

V.

Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zu erneuter tatrichterlicher Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Die Beklagten erhalten dadurch auch Gelegenheit, ihr Vorbringen, es seien keine Präzedenzfälle im Plangebiet zu befürchten und es sei keine ästhetische Beeinträchtigung des Ortsbildes eingetreten, erneut dem Berufungsgericht zu unterbreiten. Die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Übermaßverbot) kann auch zu dem Ergebnis führen, daß dem Klagebegehren nur teilweise zu entsprechen ist. Zugunsten der Beklagten wird auch zu berücksichtigen sein, daß die Klägerin die von den Beklagten vorgelegte Berechnung der GFZ nicht sorgfältig genug nachgeprüft hat. Dagegen trifft die Klägerin keine Mitverantwortung daran, daß die Beklagten die vereinbarte Dachneigung überschritten haben.

Falls der Bebauungsplan im Normenkontrollverfahren aufgehoben werden sollte, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob die Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage eingreifen.