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Diese Entscheidung

Keine Fremdenverkehrssatzung für ganzes Gemeindegebiet

BVerwG, Urteil vom 07.07.1994 - Az.: 4 C 24.93

Leitsätze:
1. Die von der Landesregierung benannten Fremdverkehrsgemeinden dürfen nur für ein engeres Gemeindegebiet die Begründung von Wohnungseigentum unter Genehmigungsvorbehalt stellen. Das sind nur Gebiete innerhalb der Gemeinde, in denen tatsächlich eine Gefährdung der bereits vorhandenen oder anderweitig vorgesehenen Fremdenverkehrsfunktionen erwartet werden kann. (amtlicher Leitsatz)

2. Eine pauschale Regelung für das gesamte Gemeindegebiet ist nicht zulässig. (amtlicher Leitsatz)

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Volltext

Tenor

Die Revision des Beigeladenen gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. August 1993 wird zurückgewiesen.

Der Beigeladene trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

I.

1.

Die Beteiligten streiten um die städtebauliche Zulässigkeit der Begründung von Wohnungseigentum nach § 22 BauGB. Die Klägerin beabsichtigt, zwölf Eigentumswohnungen im Gebiet des beigeladenen Marktes O. zu errichten.

Der Beigeladene erließ zunächst unter dem 4. Januar 1989 gemäß § 22 Abs. 2 BauGB eine Fremdenverkehrssatzung. Die Satzung enthielt einen allgemeinen Genehmigungsvorbehalt für die Begründung und Teilung von Wohnungseigentum. Sie sollte für das gesamte Gemeindegebiet gelten. Nachdem sich gegen ihre Rechtswirksamkeit Bedenken ergeben hatten, wiederholte der Beigeladene durch die rückwirkend zum 14. Januar 1989 in Kraft gesetzte "Satzung über die Sicherung der Zweckbestimmung für den Fremdenverkehr" vom 7. April 1992 (Amtsblatt für den Landkreis Oberallgäu vom 2. Mai 1992, S. 44) den Genehmigungsvorbehalt. Die Staatsregierung des Freistaates Bayern hatte hierfür gemäß § 22 Abs. 1 BauGB die Voraussetzungen durch die "Verordnung über die überwiegend durch den Fremdenverkehr geprägten Gemeinden" vom 7. Juli 1988 (GVBl S. 194) geschaffen.

Im März 1991 erhielt die Klägerin die beantragte Baugenehmigung für die Errichtung des Gebäudes mit zwölf Wohnungen. Für dieses Vorhaben hatte sie im Mai 1991 bei der Baugenehmigungsbehörde (Landratsamt) die Erteilung einer Genehmigung nach § 22 Abs. 5 BauGB oder die Ausstellung eines Negativzeugnisses beantragt. Dem Antrag war eine Notariatsurkunde über die Bestellung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit beigefügt.

Der Beigeladene verweigerte durch Beschluß seines Bauausschusses sein Einvernehmen zu dem nach § 22 Abs. 5 BauGB gestellten Antrag. Er begründete dies mit der Erwägung, daß das Anwesen im zentralen Bereich in unmittelbarer Nähe des Kurparks liege. Es beeinträchtige somit unmittelbar die Fremdenverkehrsfunktion dieses Bereichs. Die Baugenehmigungsbehörde lehnte daraufhin unter Hinweis auf das fehlende Einvernehmen den Antrag ab. Der hiergegen gerichtete Widerspruch wurde nicht beschieden.

Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, daß ihr die Genehmigung erteilt werden müsse. Der von § 22 Abs. 5 Satz 1 BauGB unterstellte Zusammenhang zwischen der Bildung von Wohnungseigentum und dem Entstehen von Zweitwohnungen mit negativen Auswirkungen auf die touristische Struktur des Gebiets sei durch die von ihr angebotene beschränkt persönliche Dienstbarkeit widerlegt. Der beklagte Freistaat trat der Klage entgegen.

Das Verwaltungsgericht Augsburg gab der Klage mit Urteil vom 24. Juni 1992 statt und verpflichtete den Beklagten, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Das Gericht hielt die inzwischen erneut erlassene Satzung des Beigeladenen für rechtswirksam. Die angebotene Grunddienstbarkeit sei ausreichend, die Zweckbestimmung nach § 22 Abs. 5 BauGB zu sichern.

Die von dem Beigeladenen eingelegte Berufung wies das Berufungsgericht mit Urteil vom 16. August 1993 im wesentlichen zurück und gab der Klage dahin gehend statt, daß es einer Genehmigung nicht bedürfe (vgl. auch BayVGH, BayVBl 1994, 17). Dazu legte es dar:

Die Satzung des Beigeladenen sei durch die Ermächtigungsgrundlage des § 22 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BauGB nicht gedeckt. § 22 Abs. 2 Satz 2 BauGB verlange, daß es sich bei dem Bereich, für den der Genehmigungsvorbehalt begründet werden solle, tatsächlich um ein Gebiet mit vorhandener oder vorgesehener Zweckbestimmung für den Fremdenverkehr handele. Es genüge nicht, daß das Gebiet, für das der Genehmigungsvorbehalt begründet werden solle, nur Teil eines Gebiets sei, das überwiegend durch den Fremdenverkehr geprägt werde. Daraus folge, daß es sich stets um ein bebautes oder zu bebauendes Gebiet handeln und daß gerade dieses Gebiet der Zweckbestimmung des § 22 Abs. 2 BauGB genügen müsse. Der Beigeladene habe dies nicht beachtet. Er habe den Geltungsbereich seiner Satzung auf das gesamte Gebiet des Marktes erstreckt. Die Satzung erfasse mit den Gewerbegebieten und den bauplanungsrechtlich als Außenbereich zu qualifizierenden Teilen des Gemeindegebiets Bereiche, bei denen die Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BauGB eindeutig nicht gegeben seien. Das Überschreiten der Ermächtigungsgrundlage führe zur Nichtigkeit der gemeindlichen Satzung. Die Annahme einer Teilnichtigkeit verbiete sich im vorliegenden Falle.

Der Beigeladene hat die vom Berufungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision eingelegt. Er macht geltend, die Auslegung des § 22 Abs. 2 BauGB durch das Berufungsgericht sei rechtsfehlerhaft. Er sei befugt gewesen, mit seiner Satzung das gesamte Gemeindegebiet zu erfassen. Die vom Berufungsgericht vertretene Auslegung, die eine Einschränkung der Ermächtigungsgrundlage darstelle, sei unzutreffend. Das Berufungsgericht habe auch die Abgrenzung von Gesamtnichtigkeit und Teilnichtigkeit von Satzungen mißachtet. Es habe sich zu Unrecht gehindert gesehen, jene Flächen festzustellen, die im Sinne des § 22 Abs. 2 BauGB eine Fremdenverkehrsfunktion erfüllten.

Der Beigeladene beantragt,

das Berufungsurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin verteidigt das Berufungsurteil. Der beklagte Freistaat unterstützt die Revision des Beigeladenen, ohne jedoch einen Antrag zu stellen.

Der Oberbundesanwalt, der sich beteiligt, meint in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, das Berufungsgericht habe die Ermächtigungsgrundlage des § 22 Abs. 2 BauGB zu eng ausgelegt. Die Annahme der Gesamtnichtigkeit der Satzung hält er für unzutreffend.

Gründe

II.

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Berufungsurteil verletzt kein Bundesrecht. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zu § 22 Abs. 2 BauGB ist richtig.

1.

Die Revision des Beigeladenen ist zulässig. Der Markt verfolgt mit seinem Rechtsmittel die Wahrung der ihm eingeräumten eigenen Befugnisse. Das ergibt sich aus § 22 Abs. 6 Satz 1 BauGB. Danach entscheidet die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde über eine nach § 22 Abs. 5 BauGB beantragte Genehmigung. Die erforderliche materielle Beschwer folgt auch aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG in Verb. mit § 22 Abs. 2 Satz 1 BauGB, da das Berufungsgericht eine Satzung des Beigeladenen inzident als rechtsfehlerhaft verworfen hat (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1993 - BVerwG 4 C 25.91 - BVerwGE 92, 66).

2.1

Die Revision des Beigeladenen vermag einen Rechtsfehler des Berufungsurteils nicht aufzuweisen. Nach den getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hält sich die Fremdenverkehrssatzung des Beigeladenen nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauGB. § 22 Abs. 2 BauGB ermächtigt die Gemeinde nicht, für das gesamte Gemeindegebiet eine Fremdenverkehrssatzung zu erlassen, soweit nicht jeweils die Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 Satz 3 BauGB gegeben sind. Die in § 22 Abs. 2 BauGB enthaltene Ermächtigung bedarf zwar der Auslegung. Diese ist möglich und führt zur Bestätigung der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsauffassung:

Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauGB kann die Gemeinde in einem Bebauungsplan oder in einer sonstigen Satzung bestimmen, daß für die im Gebiet des Bebauungsplans oder der sonstigen Satzung gelegenen Grundstücke ein Vorbehalt im Sinne des § 22 Abs. 1 BauGB besteht. Geht die Gemeinde in dieser Weise vor, bedarf es der in § 22 Abs. 5 BauGB vorgesehenen Genehmigungsentscheidung. Durch diese Verfahrensweise wird - wie in der Satzung des Beigeladenen auch geschehen - die Begründung und die Teilung von Wohnungseigentum unter Genehmigungsvorbehalt gestellt. Nur die erteilte Genehmigung eröffnet die Möglichkeit, im Zusammenwirken mit der grundbuchamtlichen Eintragung Wohnungseigentum zu begründen (vgl. § 22 Abs. 7 Satz 1 BauGB). § 22 Abs. 2 Satz 1 BauGB selbst enthält keine unmittelbare Aussage darüber, wie der räumliche Geltungsbereich des Bebauungsplans oder der sonstigen Satzung zu bestimmen ist. Daraus folgt nicht, daß der Gemeinde durch § 22 Abs. 2 Satz 1 BauGB - etwa ähnlich wie durch § 1 Abs. 3 BauGB - ein planerisches Ermessen eingeräumt ist, das sich nur an der städtebaulichen Entwickung auszurichten hätte. Vielmehr ergibt das systematische Zusammenspiel der in § 22 Abs. 2 Satz 1 BauGB enthaltenen Ermächtigungsgrundlage mit den weiteren, in § 22 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BauGB genannten inhaltlichen Voraussetzungen, daß die Gemeinde ihrer Entscheidung sachliche Kriterien zugrunde zu legen hat, die der Gesetzgeber einer planerischen Beurteilung bewußt entzogen hat. Hierauf hat sich auch der Inhalt der besonders hervorgehobenen Begründungspflicht des § 22 Abs. 11 Satz 2 BauGB zu beziehen.

Die inhaltliche Begrenzung der Ermächtigung zeigt bereits der Wortlaut des § 22 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BauGB mit hinreichender Deutlichkeit auf. Nach § 22 Abs. 2 Satz 2 BauGB ist Voraussetzung der in § 22 Abs. 2 Satz 1 BauGB eröffneten Bestimmung, daß durch die Begründung oder Teilung der Rechte nach dem Wohnungseigentumsgesetz eine vorhandene oder doch vorgesehene Zweckbestimmung des Gebiets - nämlich des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder der sonstigen Satzung - für den Fremdenverkehr und dadurch die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt werden kann. Es bedarf an dieser Stelle keiner näheren Erörterung, mit welcher Intensität die Beeinträchtigung als naheliegend oder nur als wahrscheinlich zu beurteilen ist; denn soweit eine derartige von § 22 Abs. 2 Satz 2 BauGB umschriebene Lage nicht angenommen werden kann, schließt schon dies eine Ermächtigung der Gemeinde aus, eine Fremdenverkehrssatzung zur Sicherung der Fremdenverkehrsfunktionen zu erlassen. Dieser Zusammenhang der Sätze 1 und 2 des § 22 Abs. 2 BauGB zeigt damit bereits auf, daß die nach § 22 Abs. 1 BauGB durch Verordnung der Landesregierung ermächtigte Gemeinde nicht die in der Verordnung enthaltene Gebietsbezeichnung ohne weiteres übernehmen darf. Sie ist vielmehr durch § 22 Abs. 2 Satz 2 BauGB gehalten, in eine konkretisierende Betrachtung darüber einzutreten, ob in dem von ihr vorgesehenen Geltungsbereich des Bebauungsplans oder der sonstigen Satzung tatsächlich von einer möglichen Beeinträchtigung der Zweckbestimmung des Gebiets für den Fremdenverkehr und dadurch für die geordnete städtebauliche Entwicklung auszugehen ist.

Der Gesetzgeber hat es bei dieser ersten Beschränkung der Ermächtigungsgrundlage nicht bewenden lassen. Er hat in § 22 Abs. 2 Satz 3 BauGB des weiteren präzisiert, unter welchen gebietsbezogenen Voraussetzungen die in § 22 Abs. 2 Satz 2 BauGB tatbestandsmäßig erforderliche Zweckbestimmung anzunehmen sei. Dabei hat er den Gedanken der bereits vorhandenen oder erst vorgesehenen Zweckbestimmung, wie sie in § 22 Abs. 2 Satz 2 BauGB als Voraussetzung der Ermächtigungsausübung bestimmt ist, typisierend in drei genau umschriebenen Fallbereichen aufgenommen. Er hat dadurch eine weitere, und zwar wiederum gebietsbezogene Einschränkung der Ermächtigungsgrundlage des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauGB vorgenommen. Das ist für das Verständnis des § 22 Abs. 2 BauGB insgesamt bestimmend.

§ 22 Abs. 2 Satz 3 BauGB versteht sich selbst als eine abschließende Regelung. Unter Berücksichtigung üblicher Gesetzessprache ist auffällig, daß der Gesetzgeber nicht - wie sonst anderweitig - etwa mit der Wendung "insbesondere" den Charakter gesetzgeberischer Beispiele andeutet. Ein entsprechender Verweis fehlt, wie er beispielsweise in § 5 Abs. 2 BauGB im Gegensatz zu § 9 Abs. 1 BauGB benutzt wird. Nach der Wortwahl des Gesetzgebers mag sich hier eine sachgerechte Wortauslegung vielleicht nicht allein richten, um nicht von sprachlichen Zufälligkeiten abhängig zu sein. Es ist indes der erkennbare systematische Zusammenhang selbst, der Zweifel darüber ausschließt, daß § 22 Abs. 2 Satz 3 BauGB sich abschließend versteht.

Die angeführten drei Fallbereiche stimmen inhaltlich sehr genau mit der nach § 22 Abs. 2 Satz 2 BauGB als vorhanden oder vorgesehen vorausgesetzten Zweckbestimmung des Gebiets überein, für das ein Genehmigungsvorbehalt zulässig nur bestimmt werden darf. Eine Zweckbestimmung ist als erstes anzunehmen für Kurgebiete, für Gebiete für die Fremdenbeherbergung und für Wochenend- und Ferienhausgebiete, wenn dies im Bebauungsplan entsprechend festgesetzt ist. Damit knüpft der Gesetzgeber in offenkundiger Parallelität an Gebietsbezeichnungen an, die ihm aus dem System der Baunutzungsverordnung als Art der baulichen Nutzung geläufig waren (vgl. § 11 Abs. 2 und § 10 Abs. 3 und 4 BauNVO). Die Festsetzungen im Bebauungsplan sind entweder bereits "vollzogen", dann liegt eine vorhandene Zweckbestimmung vor, oder sie bedürfen noch der baulichen Umsetzung; dann ist die Nutzung als Zweckbestimmung jedenfalls vorgesehen. In beiden Fällen übernimmt der Bebauungsplan die Gewähr für die städtebauliche Zwecksetzung und schafft damit den unmittelbaren Bezug zu der in § 22 Abs. 2 Satz 2 BauGB zugrunde gelegten "geordneten städtebaulichen Entwicklung" im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB.

Bei dem zweiten Bereich, den § 22 Abs. 2 Satz 3 BauGB erfaßt, handelt es sich der Sache nach um faktische Baugebiete im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB, wiederum also um die Art der baulichen Nutzung. Hier ergibt sich die bereits vorhandene Zweckbestimmung aus der tatsächlich bestehenden Nutzungsstruktur des betrachteten Gebiets. Auch hier ist die Zweckbestimmung nicht erst mit einer Regelung nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauGB konzeptionell und damit konstitutiv zu treffen, sondern der Gemeinde durch die tatsächlich vorhandene städtebauliche und spezifisch fremdenverkehrsbezogene Siedlungsstruktur objektiv vorgegeben. Die Gemeinde knüpft mit ihrer Regelung nach § 22 Abs. 2 BauGB an diese Struktur an, ohne sie dadurch indes erstmals zu bestimmen.

§ 22 Abs. 2 Satz 3 BauGB nimmt schließlich für einen dritten Bereich eine Zweckbestimmung als ein Gebiet mit Fremdenverkehrsfunktionen an, wenn dieses Gebiet durch Beherbergungsbetriebe oder Wohngebäude mit Fremdenbeherbergung geprägt ist. Auch für dieses "sonstige" Gebiet wird erkennbar mit der ausdrücklich geforderten Prägung an eine bereits vorgegebene, nicht erst durch eine Fremdenverkehrssatzung zu schaffende, spezifisch fremdenverkehrsbezogene Siedlungsstruktur angeknüpft. Sie besitzt ihr Schwergewicht gerade in der Fremdenbeherbergung, also nicht in irgendeiner anderen Fremdenverkehrsfunktion. Damit hat der Gesetzgeber - hier unter Begrenzung auf spezifische Funktionen - eine gewisse Ausweitung auf Gebiete mit Wohnbebauung und Betriebe der Fremdenbeherbergung ermöglichen wollen, mag diese Nutzungsstruktur durch Festsetzungen eines Bebauungsplans oder durch vorhandene Bebauung oder Nutzung tatsächlich geprägt sein. Das letzte könnte etwa auch der Fall einer siedlungstypischen Streubesiedlung sein, die damit durchaus eine organische Siedlungsstruktur - selbst im Außenbereich (§ 35 BauGB) - aufweisen kann. Auf Einzelheiten einer derartigen Nutzung im Außenbereich braucht hier nicht eingegangen zu werden.

Die ersichtliche Differenzierung der in § 22 Abs. 2 Satz 3 BauGB genannten Bereiche, für welche die vorausgesetzte Zweckbestimmung anzunehmen ist, schließt es bereits nach Wortlaut und innerer Systematik aus, nur von einer beispielhaften Typisierung auszugehen. Vielmehr liegt eine so deutliche gebietsbezogene Präzisierung vor, daß ein anderweitiges Verständnis nicht möglich ist. Es ist die Absicht der gesetzlichen Regelung, die in den genannten Gebieten vorhandene oder anderweitig vorgesehene Nutzungsweise zugunsten der Aufrechterhaltung oder Weiterentwicklung einer Fremdenverkehrsfunktion zu sichern. Insoweit hat sich der Gesetzgeber für eine nur gebietsbezogene und konkrete Sicherung bestimmter Gebiete der Gemeinde entschieden. Der dagegen vorgebrachten Auffassung, § 22 Abs. 2 BauGB wolle eine pauschale Sicherung der Fremdenverkehrsgemeinden ermöglichen, steht die Differenziertheit der Sätze 2 und 3 des § 22 Abs. 2 BauGB offensichtlich entgegen. Diese Regelungen wären anderenfalls überflüssig. Die "sonstige Satzung" gehört nicht zu den in § 1 Abs. 2 BauGB genannten Instrumenten der Bauleitplanung (vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 30. September 1992 - BVerwG 4 NB 35.92 - Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 20 = NVwZ 1993, 473 zur Veränderungssperre).

Dieses Verständnis des § 22 Abs. 2 BauGB, wie es sich nach Wortsinn und vielfältiger Systematik ergibt, wird durch die Entstehungsgeschichte nachdrücklich bestätigt. Das Berufungsgericht hat darauf zutreffend hingewiesen. Im Bericht des zuständigen Ausschusses des Bundestages wird betont, "daß mit der Ausgestaltung des § 22 die wesentlichen Problemfälle in den Fremdenverkehrsorten erfaßt werden, die Vorschrift darüber hinaus aber nicht angewandt werden kann. Es muß sich stets um Sondergebiete handeln (Kurgebiete, Gebiete für die Fremdenbeherbergung, Wochenend- und Ferienhausgebiete) oder um sonstige Gebiete mit Fremdenverkehrsfunktionen, die durch Beherbergungsbetriebe und Wohngebäude mit Fremdenbeherbergung geprägt sind. Das Sicherungsinstrument ist damit auf überwiegend bebaute Bereiche beschränkt" (BT-Drucks. 10/6166 S. 143 zu § 22 BauGB). Der vom Oberbundesanwalt angeführten weiteren Textstelle des Regierungsentwurfs kommt dagegen kein Erkenntniswert zu (vgl. BT-Drucks. 10/4630 S. 79). Der Gesetzgeber war sich bewußt, daß er mit § 22 BauGB keine in jeder Hinsicht umfassende Lösung der Sicherung gewachsener Fremdenverkehrsgemeinden erreichen könne. Er hat sich auf die in § 22 Abs. 2 Satz 3 BauGB benannten Problembereiche beschränken wollen.

Auch die Zwecksetzung der Regelung, und zwar im Zusammenhang mit der grundrechtlichen Ausgangslage, steht der von dem Beigeladenen und von dem Beklagten vertretenen weiten Auslegung deutlich entgegen. § 22 BauGB stellt eine Inhaltsbestimmung des Grundeigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen hiergegen zwar nicht (vgl. BVerwG, Beschluß vom 21. April 1994 - BVerwG 4 B 193.93 - noch unveröffentlicht; ebenso VGH Baden-Württemberg ESVGH 43, 52 = ZfBR 1993, 241; OVG Schleswig SchlHA 1993, 277). Gleichwohl führt der satzungsrechtlich ausgelöste Genehmigungsvorbehalt nach § 22 Abs. 5 BauGB zu einer sehr fühlbaren Einschränkung in der freien Verfügbarkeit und Nutzbarkeit des Eigentums. Das ist dann gerechtfertigt, wenn öffentliche Belange dies zu rechtfertigen vermögen. Den bestehenden Interessenkonflikt hat der Gesetzgeber in § 22 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BauGB typisierend daran gebunden, daß die Zweckbestimmung näher bezeichneter Gebiete gerade in ihrer Fremdenverkehrsfunktion beeinträchtigt werden kann. Nur für jene Gebietsteile der Gemeinde, in denen diese Gefahr für die geordnete städtebauliche Entwicklung angenommen werden kann, soll das private Interesse an der Begründung und der Teilung von Wohnungseigentum zurückstehen. Insoweit hat der Gesetzgeber mit § 22 Abs. 2 Satz 3 BauGB die ihm durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG aufgetragene Qualifizierungskompetenz in legitimer Weise wahrgenommen (vgl. allg. hierzu BVerfGE 52, 1, 27 ff.; 58, 300, 351; 70, 191, 199 ff.; 79, 174, 192; 84, 382, 384 f.; 87, 114, 138 f.). Dabei hat der Gesetzgeber eine bewertende Abwägung der Interessen vorgenommen. Ihm war - wie dargelegt - durchaus bewußt, daß er mit § 22 BauGB eine perfekte Lösung nicht erreichen könne, um dem Problem der schleichenden Umstrukturierung einer Gemeinde durch den Bau von Zweitwohnungen in jeder Hinsicht wirksam zu begegnen. Er hat den Gemeinden im Zusammenwirken mit der politischen Entscheidung der jeweiligen Landesregierung nur die Möglichkeit eröffnen wollen, in bestimmten Kernbereichen des Fremdenverkehrs der Gefahr einer Überfremdung, dem Problem einer gestörten sozialen Infrastruktur und den finanziellen und städtebaulich nicht vertretbaren Belastungen einer nicht ausgenutzten, gleichwohl vorzuhaltenden Infrastruktur zu begegnen. Die in § 22 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BauGB normierten Begrenzungen wären unverständlich, hätte der Gesetzgeber die Gemeinden ermächtigen wollen, im Bereich des Wohnungseigentums eine allgemeine "Veränderungssperre" erlassen zu können. Der danach grundrechtlich erheblichen Zielsetzung des § 22 Abs. 2 BauGB entspricht es, wenn die Gemeinden den Genehmigungsvorbehalt nur soweit auszulösen befugt sind, wie eine Gefährdung, welche die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum gerade in ihren auf Fremdenverkehr ausgerichteten Gebietsteilen betrifft, erwartet werden kann. Der einzelne Grundeigentümer braucht sich nicht darauf verweisen zu lassen, daß die Gefährdungslage für das jeweilige Gebiet im konkreten Genehmigungsverfahren geprüft werde. Die dagegen gerichteten Erwägungen, die auf einen umfassenderen Schutz von Fremdenverkehrsgemeinden mit teilweise auch anderen Zielsetzungen drängen, mögen rechtspolitisch verständlich sein; sie haben indes in § 22 BauGB, der letztlich funktional Eingriffscharakter besitzt, keinen Ausdruck gefunden.

Ist danach der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts zu billigen, ist es nicht rechtsfehlerhaft, wenn das Gericht feststellt, daß die Satzung des Beigeladenen Gebiete erfasse, für welche die Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BauGB eindeutig nicht gegeben seien. Die insoweit getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts tragen das rechtliche Ergebnis. Seine tatrichterliche Würdigung ist im Revisionsverfahren bindend. Der Beigeladene hat Verfahrensrügen, welche die tatrichterlichen Feststellungen in Zweifel ziehen könnten, nicht erhoben (§ 137 Abs. 2 VwGO).

2.2

Das Berufungsgericht hat die Annahme einer Teilnichtigkeit der Satzung ausgeschlossen. Die hiergegen gerichteten Angriffe des Beigeladenen und Revisionsklägers sowie anderer Verfahrensbeteiligter nötigen zu keinem anderen Ergebnis.

Einzelne Rechtsfehler führen zwar dann nicht zur Gesamtnichtigkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen - für sich betrachtet - noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und wenn zusätzlich die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. Dies hat der erkennende Senat bei der Beurteilung von Bebauungsplänen wiederholt dargelegt (vgl. BVerwG, Beschluß vom 18. Juli 1989 - BVerwG 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225; BVerwG, Beschluß vom 14. August 1989 - BVerwG 4 NB 24.88 - Buchholz 406.11 § 11 BauGB Nr. 5 = DVBl 1989, 1105; BVerwG, Beschluß vom 18. Dezember 1990 - BVerwG 4 NB 19.90 - Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 25 = NVwZ 1991, 778). Es kann mit dem Berufungsgericht dahinstehen, welchen hypothetischen Willen der Beigeladene hier gehabt haben könnte. Ebenso kann dahinstehen, ob das Berufungsgericht im einzelnen die durch § 22 Abs. 2 Satz 3 BauGB gekennzeichneten Gebiete hätte feststellen können. Dies bedarf hier keiner näheren Erörterung; denn die nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauGB ermöglichte Maßnahme der Sicherung erfordert von der Gemeinde eine Beurteilung, ob und in welcher Hinsicht sie von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch machen will, die in § 22 Abs. 2 Satz 3 BauGB aufgeführten Gebietsteile im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 2 BauGB vor Beeinträchtigungen zu schützen. Diese nötige und der Entschließung der Gemeinde aufgetragene Entscheidung konnte und durfte das Berufungsgericht nicht durch eine eigene Beurteilung ersetzen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 20. August 1991 - BVerwG 4 NB 3.91 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 59 = NVwZ 1992, 567). Der Beigeladene ist von einem grundlegend unzutreffenden Verständnis der Ermächtigungsgrundlage ausgegangen. Er hat - aus seiner rechtlichen Sicht verständlich - keine weiteren Überlegungen darüber angestellt, in welcher Weise er das ihm in § 22 Abs. 2 Satz 1 BauGB eröffnete Ermessen ausüben will. Die in § 22 Abs. 2 BauGB zugelassene Beschränkung der sonst freien Begründung und Teilung von Wohnungseigentum dient der Sicherung bestimmter Fremdenverkehrsfunktionen im Gemeindegebiet. Der Beigeladene hat zu beurteilen - wie § 22 Abs. 11 BauGB nochmals verdeutlicht -, welche Gebiete er aus welchen Erwägungen heraus als in ihrer Fremdenverkehrsfunktion schutzbedürftig ansieht. Diese auch kommunalpolitisch zu verantwortende Entscheidung darf das Gericht dem Beigeladenen nicht abnehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.