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Diese Entscheidung

Anforderungen an die Kalkulation eines Fremdenverkehrsbeitrags

OVG Niedersachsen, Urteil vom 01.02.2016 - Az.: 9 KN 277/14

Leitsätze:
1. Eine Beitragskalkulation, welche nur eine Aufwandsermittlung enthält, nicht aber den Messbetrag (hier die Verdienstmöglichkeiten durch den Fremdenverkehr) im Einzelnen ermittelt, genügt nicht den rechtlichen Anforderungen. (amtlicher Leitsatz)

2. Die Fremdenverkehrsbeitragssatzung muss widerspruchsfrei zum Ausdruck bringen, für welche Tatbestände und mit welchem Deckungsgrad Fremdenverkehrsbeiträge erhoben werden sollen. (amtlicher Leitsatz)

3. Die Ermessensentscheidung über den Gemeindeanteil muss die konkreten örtlichen Verhältnisse zugrunde legen und an sachgerechten Kriterien orientiert sein; pauschale Bezugnahmen auf die allgemeine Rechtsprechung reichen nicht aus. (amtlicher Leitsatz)

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Volltext

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen einen Sondernutzungsgebührenbescheid der Beklagten aus dem Jahr 2008.

Er betreibt auf der ostfriesischen Nordseeinsel Spiekeroog eine Spedition mit Elektrokarren und Anhängern, mit welchen er gewerbsmäßig Güter befördert. Weitere Wettbewerber sind auf der Insel nicht vorhanden. Aufgrund einer Widmung der Beklagten von 1969 ist auf den Spiekerooger Gemeindestraßen der Verkehr mit Kraftfahrzeugen verboten. Die Straßenverkehrsbehörde des Landkreises Wittmund hat dementsprechend ein Kraftfahrzeugverkehrsverbot angeordnet und darüber hinaus das zulässige Gesamtgewicht für Fahrzeuge auf den Straßen auf maximal 6 t beschränkt.

Am 23. Februar 2005 beschloss der Rat der Beklagten die "Satzung der Gemeinde Spiekeroog über Erlaubnisse für Sondernutzungen von Gemeindestraßen" (im Folgenden: Sondernutzungssatzung) sowie die "Satzung der Gemeinde Spiekeroog über die Erhebung von Sondernutzungsgebühren" (im Folgenden: Sondernutzungsgebührensatzung). Beide Satzungen traten nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt des Landkreises Wittmund vom 31. März 2005 am 1. April 2005 in Kraft. In § 1 Abs. 1 der Sondernutzungsgebührensatzung heißt es: "Gebühren für Sondernutzungen werden nach dem als Anlage beigefügten Gebührentarif erhoben. Der Gebührentarif ist Bestandteil dieser Satzung. Sondernutzungen, die nach § 7 der Satzungen über Erlaubnisse für Sondernutzungen in Gemeindestraßen keiner Erlaubnis bedürfen, bleiben gebührenfrei." Nr. 14 des Gebührentarifs - Anlage zur Sondernutzungsgebührensatzung - bestimmt:

"Auf der Insel dauernd zugelassene Elektrokarren, Anhänger und sonstige Fahrzeuge

a) Elektrokarren

- zulässiges Gesamtgewicht bis 5 t 250,00

- zulässiges Gesamtgewicht über 5 t 350,00

b) Anhänger

- bis 2,0 t zulässiges Gesamtgewicht 100,00

- über 2,0 - 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht 200,00

- über 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht 300,00",

wobei die genannten Beträge jeweils in der Spalte "Jährlich Euro" aufgeführt sind.

Der Landkreis Wittmund erteilte dem Kläger unter dem 20. Dezember 2007 Ausnahmegenehmigungen für seine Fahrzeuge von dem auf der Insel Spiekeroog angeordneten Kraftfahrzeugverkehrsverbot. Gegenüber der Beklagten zeigte der Kläger mittels einer "Geräte-Liste" unter dem 13. Oktober 2008 an, dass er über sechs Elektrokarren (zulässiges Gesamtgewicht jeweils bis 5 t) sowie 13 Anhänger, davon einer mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 2 t, sechs mit einem zulässigen Gesamtgewicht jeweils von 2 t bis 3,5 t und sechs mit einem zulässigen Gesamtgewicht jeweils über 3,5 t verfüge. Mit Bescheid vom 15. Oktober 2008 setzte die Beklagte daraufhin gegenüber dem Kläger Sondernutzungsgebühren in Höhe von insgesamt 4.850, -- Euro für das Jahr 2008 fest. Zur Begründung verwies sie auf Bestimmungen ihrer Sondernutzungs- und Sondernutzungsgebührensatzung. Der festgesetzte Betrag ergebe sich für den Fuhrpark des Klägers aus Nr. 14 des Gebührentarifs der Sondernutzungsgebührensatzung. Mit Schreiben vom 5. März 2009 übersandte die Beklagte dem Kläger einen auf diesen Tag datierten berichtigten Bescheid, mit welchem die Sondernutzungsgebühren für das Jahr 2008 auf nunmehr insgesamt 4.600,-- Euro festgesetzt wurden. Hinsichtlich eines Anhängers habe ein offensichtlicher Berechnungsfehler vorgelegen; für diesen (zulässiges Gesamtgewicht von bis zu 2 t) seien zuvor 250,-- Euro zu Unrecht in Ansatz gebracht worden.

Der Kläger hat am 5. November 2008 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht: Bei den gemeindlichen Straßen handele es sich vornehmlich um gepflasterte Verkehrswege, die insbesondere dem Fahren mit motorisierten Fahrzeugen zu Versorgungszwecken sowie mit Fahrrädern dienten. Seine Transport- und Versorgungstätigkeit sei vom Gemeingebrauch umfasst. Die Nutzung der Gemeindestraßen durch seine Elektrofahrzeuge liege im öffentlichen Interesse, weil er aus Gründen der Daseinsvorsorge tätig werde. So versorge er die Einkaufsmärkte und die Inselbevölkerung mit Lebensmitteln, transportiere Medikamente für die Apotheke und die Insulaner und befördere, Buschwerk für den Küstenschutz des Landes Niedersachsen. Darüber hinaus werde er auch unmittelbar für die Beklagte tätig, indem er z. B. die Rathausbaustelle beliefere, Transporte für den gemeindlichen Kindergarten und die Inselschule durchführe und die gemeindliche Kläranlage mit Granulat beliefere. Diese Tätigkeiten hätten unmittelbar hoheitlichen Charakter und ständen allein im öffentlichen Interesse. Als hoheitliche Tätigkeit sei seine Tätigkeit bereits nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 der Sondernutzungssatzung erlaubnisfrei. Die zivilrechtliche Ausgestaltung der Vertragsverhältnisse bei Transporten für die Beklagte oder für das Land Niedersachsen lasse das öffentliche Interesse daran nicht entfallen. § 21 Satz 5 NStrG fordere zwingend auch die Berücksichtigung von Art und Ausmaß der Einwirkung auf den Gemeingebrauch. Eine entsprechende Staffelung fehle in der Sondernutzungsgebührensatzung, weil dort lediglich eine Festgebühr nach dem Gewicht der Fahrzeuge vorgesehen sei. Die Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten sei wegen Verstoßes gegen das Äquivalenzprinzip nichtig, da sie Fälle nicht hinreichend berücksichtige, in denen die Sondernutzung im öffentlichen Interesse liege. Es entspreche dem Äquivalenzprinzip, die Höhe der Sondernutzungsgebühr gegenüber einer rein privatnützigen Einschränkung des Gemeingebrauchs abzustufen, wenn die Beeinträchtigung der gemeingebräuchlichen Nutzungsmöglichkeit sowohl auf privaten wie auf öffentlichen Interessen beruhe. Bei den von der Beklagten festgelegten Sondernutzungsgebühren fehle diese notwendige Abstufung. Da er Sondernutzungserlaubnisse weder beantragt noch schriftlich erhalten habe, liege weder eine gebührenpflichtige Amtshandlung der Beklagten noch eine gebührenpflichtige Sondernutzung i. S. d. Sondernutzungsgebührensatzung vor.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 15. Oktober 2008/5. März 2009 aufzuheben, soweit er sich nicht erledigt hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat im Wesentlichen erwidert: Der Gemeingebrauch an allen Gemeindestraßen beinhalte ausschließlich den Fußgänger- und Fahrradverkehr. Kraftfahrzeuge aller Art seien im Zuge der Widmung ausdrücklich vom Gemeingebrauch ausgeschlossen worden. Der Kläger benötige daher Sondernutzungserlaubnisse zum Befahren der Gemeindestraßen mit seinen Elektrofahrzeugen und Anhängern. Die Sondernutzungssatzung regele dazu das Nähere. Aus Sicht des Gemeinderates erforderten die örtliche Enge und das sehr hohe Gästeaufkommen zwingend eine Begrenzung der Zahl der Elektrofahrzeuge. Bei der Staffelung der Gebührenhöhe für Sondernutzungen sei den Anforderungen des § 21 Satz 5 NStrG Genüge getan worden, indem insbesondere das Gewicht der Fahrzeuge berücksichtigt worden sei. Die Gemeindestraßen seien zu großen Teilen auf Sanduntergrund und über Leitungen gebaut worden. Sie wiesen nicht die übliche Breite auf. Elektrofahrzeuge und Anhänger verursachten immer wieder Schäden an Straßenrändern und im Straßennebenraum. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Nutzung der Straße durch den Kläger bestehe nicht. Es werde lediglich die Betriebsnotwendigkeit anerkannt. Soweit darin auch ein gewisses Maß an öffentlichem Interesse gesehen werde, führe dies lediglich dazu, dass überhaupt eine Genehmigung erteilt werde. Bei der Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses des Gebührenschuldners in § 21 Satz 6 NStrG handele es sich um eine Kann-Vorschrift. Der Kläger werde nicht überwiegend aus Gründen der Daseinsvorsorge tätig, sondern lediglich als Auftragsunternehmer. Die Versorgung der Inselbewohner mit Lebensmitteln werde in erster Linie durch die gemeindeeigene Inselschifffahrt sichergestellt. In der Vergangenheit hätten der Kläger und alle anderen Antragsteller auch ausschließlich straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO beim Landkreis Wittmund beantragt. Auf eine gesonderte Beantragung von Sondernutzungserlaubnissen habe man bisher nicht bestanden. Sie, die Beklagte, sei von deren stillschweigender Erteilung ausgegangen. Das Vorliegen einer schriftlichen Erlaubnis sei jedoch nicht Voraussetzung für die Gebührenerhebung. Die Gebührenpflicht entstehe bei Vorliegen einer erlaubnispflichtigen Sondernutzung.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht haben die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt, als in dem ursprünglichen Bescheid der Beklagten vom 15. Oktober 2008 eine den Betrag von 4.600,-- Euro übersteigende Sondernutzungsgebühr vom Kläger gefordert wurde (250,-- Euro).

Mit Urteil vom 14. April 2010 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, und die Klage im Übrigen als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 15. Oktober 2008/5. März 2009 sei rechtmäßig; er finde seine Rechtsgrundlage in § 1 Abs. 1 der Sondernutzungsgebührensatzung i. V. m. Nr. 14 des Gebührentarifs. Das Befahren der Spiekerooger Gemeindestraßen durch Elektrokarren und Anhänger sei als Sondernutzung i. S. d. § 18 Abs. 1 Satz 1 NStrG einzustufen. Die Benutzung dieser Fahrzeuge gehe über die als Gemeingebrauch gestattete Nutzung hinaus, da die Beklagte im Wege der Widmungsbeschränkung von 1969 den Verkehr mit Kraftfahrzeugen auf ihren Gemeindestraßen verboten habe. Öffentliche Verkehrsflächen dienten im Allgemeininteresse zwar auch Trägern öffentlicher Aufgaben zur Erfüllung ihrer Pflichten, daher habe der Träger der Straßenbaulast zu beachten, dass ein zulassungsfreier Allgemeingebrauch für Träger wichtiger öffentlicher Aufgaben wie z. B. Feuerwehren und Rettungsdiensten stets mit jeder Widmung einer Straße zum öffentlichen Verkehr eröffnet sei. Dem habe die Beklagte durch § 7 Abs. 1 Nr. 3 der Sondernutzungsgebührensatzung in rechtlich zulässiger Weise Rechnung getragen. Der Kläger nehme hingegen weder Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr noch sei er hoheitlich oder im Rahmen der Daseinsvorsorge tätig. Seine Tätigkeit sei rein erwerbswirtschaftlicher Natur. Insoweit sei unerheblich, dass er momentan der einzige auf Spiekeroog ansässige Spediteur sei. Eine Übertragung öffentlicher Aufgaben auf den Kläger habe nicht stattgefunden. Angesichts dieser Erwägungen sei die Beklagte auch nicht aufgrund höherrangigen Rechts gehalten gewesen, das ihr in §§ 18 Abs. 1 Satz 4, 21 Satz 4 NStrG eingeräumte Ermessen bei Erlass der Sondernutzungssatzung so auszuüben, dass sie die klägerische Tätigkeit als erlaubnisfrei werte bzw. von der Sondernutzungsgebührenpflicht befreie. Die Tätigkeiten, die der Kläger im Rahmen seines Speditionsbetriebes ausübe, gehörten nicht zum Aufgabenbereich der Beklagten und könnten dieser auch nicht zufallen, so dass ein besonderes öffentliches Interesse an derartigen Tätigkeiten nicht bestehe.

Gegen die formell- und materiell-rechtliche Gültigkeit der auf Grundlage des § 21 Satz 1 und 4 NStrG erlassene Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten bestünden keine rechtlichen Bedenken. Der dem Satzungsgeber über § 21 NStrG eingeräumte Gestaltungsspielraum sei verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Diese Vorschrift zwinge den Satzungsgeber, bei der Gebührenbemessung Art und Ausmaß der Einwirkung auf die Straße und den Gemeingebrauch zu berücksichtigen. Damit sei das gebührenrechtliche Äquivalenzprinzip, welches als solches keinen Grundsatz mit verfassungsrechtlichem Rang bilde, einfachgesetzlich angeordnet und unterwerfe so den Satzungsgeber engeren Bindungen, welche sich wiederum durch die fakultative Berücksichtigung auch der wirtschaftlichen Interessen des Gebührenschuldners wieder erweiterten. Innerhalb der so gezogenen Grenzen habe der Gebührensatzungsgeber einen weiten Ermessensspielraum hinsichtlich der grundsätzlichen Entscheidung über eine Gebührenpflicht bestimmter Tätigkeiten, der Gebührenmaßstäbe und der Gebührengrundsätze. Unter Zugrundelegung dieser Tatsachen sei ein Verstoß der Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten oder auch nur einzelner ihrer Vorschriften gegen höherrangiges Recht nicht festzustellen. Auch stelle die Höhe der Gebührenfestsetzungen in Nr. 14 des Gebührentarifs im Verhältnis zu den von anderen Nummern des Gebührentarifs erfassten Sondernutzungen keine gleichheitswidrige oder mit § 21 Satz 5 NStrG unvereinbare Benachteiligung des Klägers dar. Schließlich sei auch unerheblich, dass der Kläger bisher keine Sondernutzungserlaubnisse für das Befahren der Gemeindestraßen mit Elektrokarren und Anhängern im Rahmen seines Gewerbebetriebes beantragt und erhalten habe; dies sei keine Voraussetzung für das Entstehen der Gebührenpflicht.

Gegen diese Entscheidung führt der Kläger die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Berufung. Er trägt ergänzend und vertiefend vor, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei insbesondere wegen der Ausführungen zu der Vereinbarkeit der Sondernutzungsgebührensatzung mit höherrangigem Recht rechtsfehlerhaft. Es mangele an einer rechtmäßigen Ermächtigungsgrundlage zur Erhebung von Sondernutzungsgebühren, da die Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten nichtig sei. Mit der Feststellung, das gebührenrechtliche Äquivalenzprinzip sei kein Grundsatz mit Verfassungsrang, weiche das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab, wonach das Äquivalenzprinzip bei der Bemessung von Sondernutzungsgebühren gleich dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der wiederum aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitet werde, zu berücksichtigen sei. Aufgrund dieser Fehleinschätzung habe das Verwaltungsgericht dem Äquivalenzprinzip weniger Bedeutung beigemessen und daher verkannt, dass die Sondernutzungsgebühr ihrer Höhe nach außer Verhältnis zum Ausmaß der mit der Sondernutzung einhergehenden Einwirkung auf die gemeingebräuchliche Nutzungsmöglichkeiten stehe. Bei der Feststellung, dass hinsichtlich der Festsetzung der Sondernutzungsgebühren im Verhältnis zu anderen Sondernutzungstatbeständen kein grobes Missverhältnis zu erkennen sei, habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt, dass die Sondernutzungsgebühr eine Gegenleistung dafür darstelle, dass die Benutzung einer öffentlichen Straße über den Gemeingebrauch hinaus unter Inkaufnahme einer Beeinträchtigung der gemeingebräuchlichen Nutzungsmöglichkeiten erlaubt sei. Vorliegend werde der Gemeingebrauch der Straße durch seine Tätigkeit lediglich marginal und unmerklich eingeschränkt, da er als einziger Spediteur der Insel auch aus Gründen der Daseinsvorsorge tätig sei. Seine Transporttätigkeiten lägen im öffentlichen Interesse der Beklagten, da ein Betrieb der Insel ohne seine Speditionsleistungen nicht möglich sei. Aufgrund der gleichzeitig tangierten öffentlichen Belange sei das wirtschaftliche Interesse i. S. d. § 21 Satz 6 NStrG regelmäßig geringer zu veranschlagen. In solchen Fällen verlange das Äquivalenzprinzip eine Abstufung der Sondernutzungsgebühren gegenüber den Fällen rein privater Sondernutzungen. Eine entsprechende Staffelung fehle der lediglich auf das Gewicht abstellenden Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten. Zur Wahrung des Äquivalenzprinzips genüge mitnichten, dass der Gebührentarif in der Nr. 13 der Sondernutzungsgebührensatzung Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und in Nr. 14 ohne Verbrennungsmotor nenne; die von ihm betriebenen Elektrokarren hätten eine weitaus geringere Einwirkung auf die Straße und den Gemeingebrauch als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Seine Anhänger verursachten trotz ihrer Breite keine Schäden an den Rändern der Gemeindestraßen; vielmehr sei deren Allgemeinzustand sehr schlecht. Zudem habe das Verwaltungsgericht verkannt, dass die Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten gegen § 21 Satz 5 NStrG und Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, weil sie sich in Nr. 14 des Gebührentarifs ausschließlich am Fahrzeuggewicht orientiere und keinen entfernungsbezogenen Maßstab vorsehe. Dieses Kriterium berücksichtige insoweit nicht das Ausmaß der Einwirkung, da dies anders als bei der Nutzung von Straßenfläche durch Imbissstände, Verkaufswagen u.a (Nr. 1 bis 12 Gebührentarif) bei einem Fahrzeug von der zurückgelegten Wegstrecke auf den Gemeindestraßen abhänge. Letztlich verstoße die Sondernutzungsgebührensatzung auch gegen § 21 Satz 6 NStrG; die Sondernutzungsgebührensatzung berücksichtige nicht seine wirtschaftlichen Interessen und treffe keine Aussage hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Sondernutzungsgebühr und Kfz-Steuer. Art und Ausmaß der Einwirkungen auf die Straße für das Befahren seien bereits ausreichend durch die von ihm entrichtete Kfz-Steuer abgegolten. Im Übrigen wiederholt er seinen Standpunkt, dass seine Straßennutzung mittels Elektrokarren im öffentlichen Interesse liege und daher keine Sondernutzung sei. Ob Gemeingebrauch vorliege, hänge neben der baulichen Beschaffenheit des Verkehrsweges insbesondere von der konkreten Verkehrsaufgabe ab. Die überwiegend gepflasterten Gemeindestraßen der Beklagten dienten insbesondere dem Befahren mit motorisierten Fahrzeugen zum Zwecke der Versorgung der Inselbewohner und dem Befahren mit Fahrrädern. Daher seien die Tätigkeiten vom Gemeingebrauch umfasst. Die Beeinträchtigung durch die Elektrokarren sei äußerst gering und daher zu vernachlässigen; auch eine im Vergleich zu der Abrechnung von Einzelfahrten günstigere Jahresgebühr sei daher nicht gerechtfertigt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 14. April 2010 nach seinen in erster Instanz gestellten Anträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, dass das Äquivalenzprinzip ausreichend beachtet sei. Die in Anknüpfung an das Fahrzeuggewicht erhobene Jahresgebühr stehe nicht in einem groben Missverhältnis zu anderen Gebührentatbeständen, ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sei nicht erkennbar. Das Fahraufkommen der klägerischen Elektrofahrzeuge, welche täglich viele Male und ganzjährig durch sämtliche Gemeindestraßen führen, sei wesentlich höher als das der vorübergehend zugelassenen Fahrzeuge. Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor würden nur in Ausnahmefällen und bei besonders begründetem Interesse für Fahrten auf den Gemeindestraßen zugelassen; dabei werde jede Fahrt einzeln abgerechnet. Die erhöhte Belastung der Straße durch z. B. Baufahrzeuge aufgrund abweichender Bereifung, Breite und Gewicht im Vergleich zu den Elektrokarren werde bei der im Wesentlichen nach dem Gewicht bemessenen Abstufung berücksichtigt. Das Ausmaß der Einwirkung auf die Straßen, welche überwiegend mit Pflastersteinen auf Sand gebaut seien, sei bei der Festsetzung der Gebührenhöhe berücksichtigt worden. Durch die Jahresgebühren, welche im Vergleich zu Tarifen für Einzelfahrten verhältnismäßig gering ausfielen, werde das wirtschaftliche Interesse der lokalen und dauerhaft angemeldeten Elektrofahrzeughalter berücksichtigt. Eine Berücksichtigung der vom Land Niedersachsen erhobenen Kfz-Steuer bei der Bemessung von Sondernutzungsgebühren sei nicht vorgeschrieben. Im Übrigen entrichte der Kläger die Kfz-Steuer höchstens für einen Teil seines Fuhrparks, da diese nach Auskunft des Finanzamtes Wittmund nur für Elektrofahrzeuge erhoben werde, die älter als fünf Jahre seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg.

I. Der angefochtene Sondernutzungsgebührenbescheid ist rechtswidrig, weil die Beklagte zu seinem Erlass nicht zuständig war. Denn der niedersächsische Landesgesetzgeber hat durch § 19 Satz 3 des Niedersächsischen Straßengesetzes (NStrG) in der Fassung vom 24.09.1980 (Nds. GVBl. S. 359), zul. geänd. d. Gesetz vom 28.10.2009 (Nds. GVBl. S. 372) die sachliche Zuständigkeit für den Erlass von Sondernutzungsgebührenbescheiden in den Fällen, in denen, wie hier, die Sondernutzung einer Straße nach den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften einer Ausnahmegenehmigung durch die Straßenverkehrsbehörde bedarf, dieser unter gleichzeitigem Ausschluss des ansonsten zuständigen Trägers der Straßenbaulast (§§ 18, 21, 48 NStrG) die alleinige Kompetenz auch für den Erlass etwaiger Sondernutzungsgebührenbescheide übertragen.

32 Ausgangspunkt dieser rechtlichen Beurteilung ist die Regelung des § 19 Satz 1 NStrG, nach der es der an sich gemäß § 18 Abs. 1 NStrG notwendigen Sondernutzungserlaubnis nicht bedarf, wenn nach den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts eine Erlaubnis für eine übermäßige Straßenbenutzung oder eine Ausnahmegenehmigung erforderlich ist. Die in den Sätzen 2 und 3 des § 19 NStG vorgesehenen Maßgaben stellen sicher, dass die materiellen Rechte der Sondernutzungsgebührengläubiger, namentlich der Gemeinden, durch diesen Zuständigkeitsverlust in ihrem wesentlichen Gehalt nicht beeinträchtigt werden. Nach § 19 Satz 2 NStG hat die nach Straßenverkehrsrecht zuständige Behörde vor ihrer Entscheidung die sonst für die Sondernutzungserlaubnis zuständige Behörde zu hören und gemäß Satz 3 hat sie die von dieser geforderten Bedingungen, Auflagen und Sondernutzungsgebühren dem Antragsteller in der Erlaubnis oder Ausnahmegenehmigung aufzuerlegen. Hiermit wird in den Fällen einer Ersetzung der Sondernutzungserlaubnis durch die straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung eine alleinige Kompetenz der Straßenverkehrsbehörde auch für den Erlass etwaiger Sondernutzungsgebührenbescheide begründet (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 17.01.2013 - 7 LB 194/11 -, DVBl. 2013, 456).

Der Landesgesetzgeber wollte - wie auch der Bundesgesetzgeber bei der entsprechenden Regelung in § 8 Abs. 6 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) in der Fassung vom 28.06.2007 (BGBl. I S. 1206) - durch diese Zuständigkeitsbestimmung im Außenverhältnis zu dem betroffenen Bürger und in dessen Interesse die Entscheidungskompetenz bei einer Behörde, nämlich der Straßenverkehrsbehörde, konzentrieren, um so im Sinne einer Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens das Erfordernis einer doppelten Antragstellung zu vermeiden (vgl. BT-Drs. 7/1265, S. 17 (zu § 8 FStrG); BVerwG, Urt. v. 20.10.1993 - 11 C 44.92 -, BVerwGE 94, 234 <236 f. >; Grupp, in Marschall, FStrG, 6. Aufl. 2012, § 8 Rn. 26). Auch müssten etwas in Fällen von Transporten, die durch das Gebiet mehrerer Straßenbaulastträger führen und mehrere sondernutzungsgebührenpflichtige Tatbestände auslösen, sonst mehrere Sondernutzungsgebührenbescheide ergehen, die eventuell sogar vor unterschiedlichen Verwaltungsgerichten anzufechten wären (vgl. OVG Rh.-Pf., Urt. v. 22.09.1987 - 6 A 69/86 -, KStZ 1988, 210 f.).

Nach diesen Maßgaben ist die Straßenverkehrsbehörde des Landkreises Wittmund zur Festsetzung einer etwaigen Sondernutzugsgebühr zuständig gewesen, weil der Kläger zur Nutzung seiner Elektrofahrzeuge auf der Insel Spiekeroog nach Straßenverkehrsrecht gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 11 der Straßenverkehrsordnung (StVO) vom 16.11.1970 (BGBl. I S. 1565), zul. geänd. durch VO vom 1.12.2010 (BGBl. I S. 1737) Ausnahmegenehmigungen von dem auf der Insel angeordneten Kraftfahrzeugverkehrsverbot benötigte, die ihm mit mehreren Bescheiden vom 20.12.2007 von der Straßenverkehrsbehörde des Landkreises Wittmund auch erteilt worden sind. Eine Zuständigkeitsabsprache der beteiligten Behörden, wie sie unter den Gesichtspunkten der "Arbeitserleichterung" und "Zweckmäßigkeit" von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde, die das Ziel verfolgt, das im Interesse der Bürger vorgesehene Verfahren nach § 19 S. 2 und 3 NStrG zu umgehen, ist rechtlich nicht zulässig.

Da die Beklagte zum maßgeblichen Zeitpunkt gemäß § 19 Sätze 2 und 3 NStrG sachlich unzuständig für die Festsetzung einer Sondernutzungsgebühr war, scheidet eine Anwendung der Unbeachtlichkeitsregelung des § 46 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG) aus.

Der mit der Klage geltend gemachte Aufhebungsanspruch scheitert schließlich nicht daran, dass dem Kläger kein berechtigtes Interesse an der Aufhebung eines Verwaltungsakts zugebilligt werden könnte, wenn dieselbe Behörde alsbald eine inhaltsgleiche Verfügung neu erlassen müsste (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 15.09.1993 - 7 L 5832 -, NVwZ 1995, 185 <186>). Denn das ist hier nicht der Fall. Aufgrund der durch § 19 Sätze 2 und 3 NStrG im Interesse des Bürgers bezweckten Verfahrenskonzentration ist der Vorschrift - ebenso wie den vergleichbaren Vorschriften des Bundesrechts (vgl. Sauthoff, in : Müller/Schulz, FStrG, 2008, § 8 Rn. 69) und des rheinland-pfälzischen Landesrechts (vgl. OVG Rh.-Pf., Urt. v. 22.09.1987 - 6 A 69/86 -, KStZ 1988, 210 f.) eine devolvierende Zuständigkeitsbestimmung zugunsten der Straßenverkehrsbehörde zu entnehmen, die auch insoweit eine sachliche Unzuständigkeit der Beklagten bewirkt, als es um eine etwaige nachträgliche Gebührenforderung geht, nachdem die mit der Angelegenheit befasste Straßenverkehrsbehörde eine straßenverkehrsrechtliche Erlaubnis erteilte, aber die Festsetzung von Sondernutzungsgebühren verabsäumte.

Ob die Straßenverkehrsbehörde auf der Grundlage des § 19 Sätze 2 und 3 NStrG hier noch nachträglich Sondernutzungsgebühren von dem Kläger erheben kann, obwohl die von der Vorschrift bezweckte Konzentrationswirkung nicht mehr erzielt werden kann (so OVG Rh.-Pf., a.a.O.), lässt der Senat offen, weil das für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich ist.

II. Der Senat merkt im Übrigen an, dass er inhaltlich der Auffassung des Verwaltungsgerichts zuneigt, das Befahren der Spiekerooger Gemeindestraßen durch die Elektrokarren und Anhänger des Klägers als Sondernutzung i. S. d. § 18 Abs. 1 Satz 1 NStrG einzustufen, die über den Gemeingebrauch hinausgeht (dazu 1.), allerdings durchaus Anlass zu Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Nr. 14 des Gebührentarifs - Anlage zur Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten - sieht (dazu 2.).

1. In Abgrenzung zu den in § 7 Abs. 1 Nr. 3 der Sondernutzungssatzung geregelten Fällen zulassungsfreien "Gemeingebrauchs" für bestimmte öffentliche Aufgaben (Rettungsdienst, Feuerwehr, Katastrophenschutz) ist für die Einordnung als Sondernutzung der klägerischen Tätigkeit ihr kommerzieller und damit privatnütziger Charakter kennzeichnend, welchem kein gleichwertiges öffentliches Interesse gegenübersteht. Der Kläger nimmt weder Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr noch wird er hoheitlich oder im Rahmen der Daseinsvorsorge tätig, da er seinen privaten Speditionsbetrieb rein gewerblich betreibt, indem er den Transport von Gütern aller Art gegen Entgelt auf Spiekeroog anbietet. Auch aus dem Umstand, dass er der einzige Spediteur auf der Insel ist, folgt nicht, dass er auch aus Gründen der Daseinsvorsorge tätig wird. Der (auf Forsthoff zurückgehende) Begriff der Daseinsvorsorge ist kein klarer Rechtsbegriff, sondern eher eine soziologisch grundierte Formel zur Beschreibung der öffentlichen Leistungsverwaltung, die sich an den Grundversorgungsbedürfnissen der Bevölkerung (z.B. Verkehr, Energie- und Wasserversorgung, Abfallentsorgung) orientiert. Dieser Zuschnitt darf jedoch nicht pauschal mit der Erfüllung sämtlicher Bedürfnisse der Bevölkerung (z.B. Lebensmittel- und Arzneimittelversorgung) gleichgesetzt werden. Soweit marktfähige privatrechtliche Strukturen bestehen, wie etwa auf dem Gebiet der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Medikamenten, unterfallen diese nicht der Agenda staatlicher Daseinsvorsorge. Die hiervon abweichende Argumentation des Klägers hätte zur Konsequenz, dass auch der von ihm belieferte Einkaufsmarkt auf dem Gebiet der hoheitlichen Daseinsvorsorge tätig wäre. Es ist nicht maßgeblich, welche Güter der Kläger zu welchem Ort transportiert, entscheidend ist alleine, in welcher Eigenschaft er dies tut; der Kläger handelt hierbei ausschließlich aus erwerbswirtschaftlichen und damit privatnützigen Motiven. Er wird durch die genannten Transporte auch nicht zu einem Beliehenen, da er weder als Privatperson in eigener Verantwortung Verwaltungsaufgaben übernimmt, noch ihm hoheitliche Entscheidungskompetenzen übertragen wurden; allein mit der Erteilung eines Transportauftrages durch einen Hoheitsträger ist noch keine Übertragung öffentlicher Aufgaben verbunden. Auch die Monopolstellung des Klägers führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass auf diesem Sektor ein Marktversagen besteht. Die Monopolstellung dürfte eher den Erwägungen der Beklagten geschuldet sein, dass die Ansiedlung weiterer Speditionsbetriebe im Hinblick auf den im Rahmen der Widmungsbeschränkung intendierten Erhalt des traditionellen Inselbildes, des Charakters als Erholung versprechender Urlaubsort und der grundsätzlichen Autofreiheit nicht wünschenswert ist. Schließlich macht auch allein die logistische Notwendigkeit einer Belieferung der Inselgeschäfte durch den Kläger diese Transportleistung noch nicht zu einer hoheitlichen Aufgabe. Das insoweit vorhandene öffentliche Interesse kommt bereits dadurch zum Ausdruck, dass die Beklagte die Tätigkeit des Klägers als Sondernutzung überhaupt gestattet.

40 2. Der Senat hegt allerdings Zweifel, ob der gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes (NKAG) primär anzustrebenden Bemessung der Gebühr nach Art und Umfang der Inanspruchnahme (Wirklichkeitsmaßstab), die in § 21 Satz 5 NStrG durch die Maßgabe "Art und Ausmaß der Einwirkung auf die Straße und den Gemeingebrauch" präzisiert wird, bereits dadurch genügt wird, dass Nr. 14 des Gebührentarifs allein auf das Gewicht der Fahrzeuge abstellt. Er neigt zu der Ansicht, dass der Wirklichkeitsmaßstab eher abgebildet wird, wenn auch bei den auf der Insel dauernd zugelassenen Fahrzeugen auf die zurückgelegte Wegstrecke abgestellt wird. Zwar kann das Gewicht der Fahrzeuge ein Indikator für die die Art der Einwirkung auf die Straße sein, doch gilt dies zum einen nur dann, wenn die Fahrzeuge überhaupt bewegt werden und zum anderen nur in Abhängigkeit von der Häufigkeit, mit der dies der Fall ist. Die Gebührenbemessung nach dem Gewicht entspricht daher eher einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab, doch ist ein Ausweichen auf den Wahrscheinlichkeitsmaßstab gemäß § 5 Abs. 3 S. 2 NKAG nur in zweiter Linie möglich, wenn eine Bemessung nach dem Wirklichkeitsmaßstab "schwierig oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist". Eine Erfüllung dieser Voraussetzungen erscheint angesichts der Möglichkeit, die Elektrofahrzeuge mit Kilometerzählern auszustatten, vorliegend jedoch zweifelhaft. Bei einer etwaigen Überarbeitung ihres Gebührentarifs wird die Beklagte darüber hinaus auch zu bedenken haben, ob eine Jahresgebühr in Anknüpfung daran, dass Elektrokarren "dauernd zugelassen" sind (Nr. 14 des Gebührentarifs) den Verhältnismäßigkeitsanforderungen genügt. Insoweit geht der Senat nach derzeitiger Rechtslage davon aus, dass die in § 4 der Sondernutzungsgebührensatzung vorgesehenen Ermäßigungsregelungen auch zu einer nachträglichen anteiligen Korrektur der Gebühr führen, wenn ein ganzjährig zugelassenes Fahrzeug im Einzelfall nicht oder nur in wenigen Monaten tatsächlich benutzt wird. Schließlich wäre aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auch daran zu denken, eine (pauschalierende) Gebührendegression für Fahrten vorzusehen, die zwar Sondernutzung der Gemeindestraßen, aber auch zur Aufrechterhaltung des "Betriebs" der Insel notwendig sind.