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Diese Entscheidung

Kosten eines Feuerwehreinsatzes wegen Verbrennens pflanzlicher Abfälle

VG Stuttgart, Urteil vom 14.03.1997 - Az.: 13 K 3292/95

Leitsätze:
1. Auch der Einsatz bei einem begründeten, letztlich aber unzutreffenden Verdacht eines Schadenfeuers stellt eine grundsätzlich unentgeltlich zu erbringende Pflichtaufgabe der Feuerwehr dar. (Leitsatz des Herausgebers)

2. Wer pflanzliche Abfälle in einer Weise verbrennt, dass bei Unbeteiligten der Eindruck eines Schadfeuers entstehen kann (hier: meterhohe Flammen an einem Hang hinter einem Haus), führt in grob fahrlässiger Weise eine Anscheinsgefahr herbei, wenn er nicht vorher Polizei oder Feuerwehr über sein Vorhaben informiert. Damit ist er nach § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FwG BW zum Ersatz der Kosten des Feuerwehreinsatzes verpflichtet. Dies gilt auch, wenn das Verbrennen nach dem Abfallrecht keiner Anzeigepflicht unterliegt. (Leitsatz des Herausgebers)

3. Ein Bescheid über die Heranziehung zu Kosten ist nicht allein deshalb rechtswidrig, weil er auf eine unzutreffende Rechtsgrundlage gestützt ist. (Leitsatz des Herausgebers)

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Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung des Kostenbescheids der Beklagten vom 18.7.1994 sowie des Widerspruchsbescheids des Landratsamts vom 12.5.1995.

Am 27.6.1994 verbrannte Herr ... im Auftrag des Klägers auf dessen Grundstück im Gewann "Buchs" in ... auf dem Grundstück angefallenes Heu. Nachdem bei der Polizei ... insgesamt fünf Personen anriefen und erklärten, daß es am Südhang brenne und ständig vergrößerte Flammen sichtbar seien, alarmierte die Polizei über die Leitstelle die Freiwillige Feuerwehr ... . Die mit drei Fahrzeugen und 17 Mann ausgerückte Feuerwehr stellte bei ihrem Eintreffen auf dem Grundstück des Klägers fest, dass auf dem Wiesengrundstück Heu abbrennt, Löschmaßnahmen jedoch nicht erforderlich sind. Während des Feuerwehreinsatzes waren weitere 13 Feuerwehr-Männer in Bereitschaft. Durch Kostenbescheid vom 18.7.1994 forderte die Beklagte vom Kläger Ersatz der für diesen Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr entstandenen Kosten in Höhe von 1.002 DM.

Der gegen diesen Bescheid erhobene Widerspruch des Klägers wurde vom Landratsamt mit Widerspruchsbescheid vom 12.5.1995 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger das Verbrennen des Heues veranlasst habe. Dadurch habe er eine Ursachenkette in Gang gesetzt, die zum Ausrücken der Freiwilligen Feuerwehr geführt habe. Da es sich nicht um ein Schadenfeuer im Sinne des § 2 Abs. 1 FwG gehandelt habe, könne vom Kläger nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 FwG der Ersatz der Kosten des Feuerwehr-Einsatzes verlangt werden. Der Kläger hätte diesen Einsatz der Feuerwehr auch verhindern können, wenn er vor dem Verbrennen des Heus die Polizei bzw. die Feuerwehr benachrichtigt hätte.

Am 26.6.1995 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass das Heu kontrolliert abgebrannt worden sei, so dass keine Gefahr für eigene oder fremde Sach- und Vermögenswerte bestanden habe. Die damit allenfalls vorliegende Anscheinsgefahr habe zudem den massiven Feuerwehr-Einsatz nicht gerechtfertigt, sondern allenfalls zur Durchführung von Gefahrerforschungsmaßnahmen berechtigt. Es wäre wohl Sache der Polizei gewesen, sich zum Brandplatz zu begeben, um zunächst einmal den Umfang des Feuers festzustellen und darüber hinaus abzuklären, ob der Einsatz der Feuerwehr überhaupt notwendig ist. Es wäre dann sehr schnell festgestellt worden, dass eine Gefahr nicht besteht und insbesondere die Alarmierung der Feuerwehr nicht geboten und unverhältnismäßig ist. Die Leistung der Feuerwehr sei deshalb nicht durch ein Verhalten des Klägers veranlasst gewesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. Der Kostenbescheid der Beklagten vom 18.7.1994 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts vom 12.5.1995 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FwG. Danach soll der Träger der Gemeindefeuerwehr für im Rahmen der ihr nach § 2 Abs. 1 FwG obliegenden Aufgaben erbrachte Leistungen von dem Verursacher Ersatz der Kosten verlangen, wenn dieser die Gefahr oder den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.

Die Leistungen, für die die Beklagte als Trägerin der Feuerwehr (§ 3 Abs. 1 FwG) von dem Kläger Kostenersatz fordert, sind nach Ansicht des Gerichts im Rahmen der Pflichtaufgaben erbracht worden, die der Feuerwehr gemäß § 2 Abs. 1 FwG kraft Gesetzes übertragen und grundsätzlich unentgeltlich sind (§ 36 Abs. 1 Satz. 1 FwG). Zwar handelt es sich bei dem Verbrennen des Heus auf dem Grundstück des Klägers nicht um ein Schadenfeuer, jedoch erfolgte der Feuerwehr-Einsatz im vorliegenden Fall noch im Rahmen der der Freiwilligen Feuerwehr ... nach § 2 Abs. 1 FwG obliegenden Aufgaben. Diese umfassen nach Ansicht des Gerichts nämlich auch den Einsatz bei einem begründeten Verdacht eines Schadenfeuers.

Im vorliegenden Fall lag ein solcher begründeter Verdacht eines Schadenfeuers auch vor. Aufgrund den telefonischen Meldungen eines Feuers bei der Polizei musste die die Freiwillige Feuerwehr ... alarmierende Leitstelle nach den verfügbaren und bis dahin zuverlässigen Informationen davon ausgehen, dass es sich bei dem Brand um einen Wohnhaus- oder Flächenbrand handelt. Dasselbe ergibt sich auch aus den Zeugenaussagen des Feuerwehrkommandanten der Freiwilligen Feuerwehr ... Dieser hat aus der Entfernung Flammen hinter dem Dachgiebel des klägerischen Gebäudes gesehen, wobei er nicht erkennen konnte, ob das Dach brennt oder nicht. Der Einsatz der Feuerwehr ist damit im vorliegenden Fall noch im Rahmen der ihr nach § 2 Abs. 1 FwG obliegenden Aufgaben erfolgt.

Nach § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FwG soll von dem Verursacher für einen solchen Einsatz Ersatz der Kosten verlangt werden, wenn der Verursacher die Gefahr vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen.

Nach Ansicht des Gerichts hatte der Kläger bzw. dessen Verrichtungsgehilfe (vgl. § 6 Abs. 3 PolG, der im Gefahrenabwehrrecht mangels spezialgesetzlicher Regelung im FwG entsprechende Anwendung findet) grob fahrlässig gehandelt. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt; der nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss oder der schon die einfachsten Überlegungen nicht anstellt (vgl. Surwald, FwG für Baden-Württemberg, 6. Aufl. 1990, § 36 Rdnr. 8).

Wer an einem Hang hinter einer Bebauung Heu verbrennt, der muss nach Ansicht des Gerichts auch Sorge dafür tragen, dass es zu keinem berechtigten Feueralarm kommt. Er muss unabhängig davon, ob eine Anzeigepflicht nach § 2 Abs. 3 der Verordnung der Landesregierung über die Beseitigung pflanzlicher Abfälle außerhalb von Abfallbeseitigungsanlagen vom 30.4.1974 (GBl. 187) besteht, vorher die Polizei bzw. Feuerwehr informieren oder aber das Feuer so klein halten, dass es nicht wie ein Schadenfeuer wirken kann, welches Dritte veranlassen könnte, Feueralarm zu geben. Dies muss nach Ansicht des Gerichts auch jedem einleuchten. Indem der Kläger bzw. dessen Verrichtungsgehilfe vor dem Verbrennen des Heus weder die Polizei noch die Feuerwehr davon benachrichtigt haben und der Verrichtungsgehilfe des Klägers das Heu zeitweise unter Entstehen von meterhohen Flammen verbrannt hat, wurde die im Verkehr erforderliche Sorgfalt damit in besonders schwerem Maße verletzt. Die Anscheinsgefahr, bei der es sich im Gefahrenabwehrrecht um eine echte Gefahr handelt (vgl. Mussmann, Allg. PolG in Baden-Württemberg, 3. Aufl. 1992, Rdnr. 166, m.w.N.), wurde damit vom Kläger bzw. von dessen Verrichtungsgehilfe grob fahrlässig herbeigeführt.

Der Umfang des Feuerwehr-Einsatzes war auch nicht unverhältnismäßig, da ein "Vollalarm" bei der Meldung eines Brandes (Schadenfeuers) nicht beanstandet werden kann.

Liegen danach die gesetzlichen Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FwG vor, so soll der Träger der Gemeindefeuerwehr Ersatz der Feuerwehrkosten verlangen. Ob die Gemeinde sich die Einsatzkosten erstatten lässt, steht aber nicht in ihrem Ermessen. "Sollen" im Satz 2 des § 36 Abs. 1 FwG heißt in der Rechtssprache "müssen", sofern nicht ein Ausnahmetatbestand gegeben ist. Ein solcher ist jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben, insbesondere ist das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne von § 36 Abs. 7 FwG nicht ersichtlich. Denn der Kläger wird durch die Kostenerstattung nicht unzumutbar belastet.

Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch, dass die Beklagte den Kläger als Kostenverursacher im feuerwehrrechtlichen Sinne in Betracht gezogen hat. § 36 Abs. 1 FwG regelt im Gegensatz zu § 36 Abs. 2 FwG die Kostenerstattung im Bereich der Gefahrenabwehr. Mangels spezialgesetzlicher Regelung gilt deshalb § 6 Abs. 3 PolG - ohne besondere Verweisung - entsprechend, wonach als Ersatzpflichtiger auch derjenige herangezogen werden kann, der eine andere Person, deren Verhalten zu dem Einsatz führt, zu einer Verrichtung bestellt hat. Da der vom Kläger beauftragte Herr ... unzweifelhaft als Verrichtungsgehilfe des Klägers tätig geworden ist, ist die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass sie den Kläger grundsätzlich als Verrichtungsherrn im polizeirechtlichen Sinne zur Kostenerstattung heranziehen kann.

Unschädlich ist, dass die Beklagte und das Landratsamt als Ermächtigungsgrundlage nicht § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FwG, sondern § 36 Abs. 2 Nr. 1 FwG herangezogen haben. Dies beruht darauf, daß sie den Feuerwehreinsatz als eine andere Leistung als im Rahmen der der Feuerwehr nach § 2 Abs. 1 FwG obliegenden Aufgaben angesehen haben. Kommt indessen das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, daß ein Verwaltungsakt zu Unrecht auf eine bestimmte Rechtsvorschrift gestützt ist, so hat es im Rahmen der Prüfung, zu der es nach § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO verpflichtet ist, der Frage nachzugehen, ob die Behördenentscheidung auf einer anderen normativen Grundlage aufrecht erhalten werden kann. Denn erweist sich der Verwaltungsakt als rechtmäßig, so darf er nicht allein deshalb aufgehoben werden, weil die Behörde sich bei der Wahl der Eingriffsnorm vergriffen hat. Bei einer solchen Konstellation stellt sich nicht die Frage, ob die Voraussetzungen des § 47 LVwVfG erfüllt sind, denn zur Aufrechterhaltung der Entscheidung bedarf es nicht erst einer Umdeutung. Der Rückgriff auf eine andere als die von der Behörde herangezogene Ermächtigungsgrundlage ist nur dann unzulässig, wenn der angefochtene Verwaltungsakt dadurch in seinem Wesen verändert wird (vgl. BVerwGE 80, 96, BVerwG, DVBl. 1990, 490). Dies trifft für den an den Kläger gerichteten Kostenbescheid jedoch nicht zu.

Nach alledem ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Klage war deshalb abzuweisen.